Twilight reloaded?!?
"Göttlich verdammt" von Josephine Angelini hat an sich eine ganz nette
Handlung, die mir nur leider zu großen Teilen viel zu viele
Ähnlichkeiten mit der "Twilight-Saga" hatte, als dass ich es noch für
Zufall halten könnte.
Zum Inhalt: Helen ist fast 17 und lebt mit
ihrem alleinerziehenden Vater auf der Insel Nantucket. Sie ist eine
große, recht hübsche, aber auch sehr schüchterne High-Schülerin, die
immer sehr darauf bedacht ist, nicht aufzufallen. Denn irgendwie weiß
sie, dass sie anders ist. Stärker als andere Mädchen und vor allem auch
schneller.
Als die reiche Großfamilie Delos auf die Insel zieht,
bekommt sie die Bestätigung, dass an ihr wirklich etwas nicht stimmt,
denn sie wird von merkwürdigen Träumen heimgesucht und drei Frauen in
ihrem Kopf wecken in ihr das Verlangen, alle Mitglieder der
Delos-Familie umzubringen. Nach und nach erfährt sie, dass sie zu den
Halbgöttern, den Scions, gehört, und, dass die Familie Delos eigentlich
das letzte verbleibende "Haus" dieser aus der griechischen Mythologie
stammenden Wesen sein sollte. Denn durch eine alte Blutrache werden alle
Scions dazu getrieben, die Mitgleider anderer Häuser zu töten.
Doch
Helen schafft es diese Blutrache zu unterbrechen und mit den Delos
Freundschaft zu schließen - und sich in Lucas, einen der Delos', zu
verlieben, während sie versucht ihre Kräfte kennenzulernen, das Rätsel
um ihre Herkunft und ihre verschwundene Mutter zu lösen und der
drohenden Gefahr durch den restlichen Delos-Clan zu entgehen.
Am
Anfang fand ich das Buch wirklich unterhaltsam. Helen ist eine ganz
angenehme Protagonistin, ihre Freundin Claire ist ebenfalls ein
interessanter Charakter und als die Delos-Familie nach Nantucket zieht
und Helen ständig bei ihrem bloßen Anblick von Mordgelüsten heimgesucht
wird, wird die Handlung ebenfalls ziemlich interessant und auch witzig.
Auch Helens rätselhafte Träume sind spannend. Aber je mehr das Rätsel
dann aufgelöst wird und das Verlangen die Familie zu töten dabei ganz
schnell verschwunden ist, desto langweiliger wurde die Geschichte
irgendwie.
Nicht, dass sie keine Handlung mehr gehabt hätte, ganz
im Gegenteil, bei anderen Geschichten würde die Vielzahl der
Handlungsstränge den Roman wahrscheinlich richtig in Schwung bringen.
Aber hier fand ich es irgendwie lieblos zusammengeklatscht und so
vorhersehbar, dass ich mich zwischendurch zwingen musste, weiterzulesen.
Helen trainiert ihre Fähigkeiten, Helen lernt, was Halbgötter sind,
Helen liebt Lucas, Helen wird gejagt, Helen hat Ärger mit irgendwem -
meistens mit Lucas' älterem Cousin Hector - und alles wird - "klatsch,
klatsch, klatsch" - hintereinanderweg geschrieben, ohne dass es für mich
einen besonderen Spannungsaufbau gegeben hätte.
Außerdem - und
das ist das größte Manko - leidet dieses Buch unter einem akuten Anfall
von "Twilight"-Doppelgängeritis. Helen, ihre Lebensumstände, die Familie
Delos, Helens Freunde, die Liebesgeschichte ... das alles könnte man
einfach aus "Göttlich" rausschneiden und eins-zu-eins durch
"Twilight"-Teile ersetzen. So hat sich die Familie Delos zum Beispiel
dazu entschieden anderes zu leben als der Rest ihres Clans, der in
Europa geblieben ist, sie haben fünf Kinder, Helen lebt allein mit ihrem
Vater und bekocht ihn regelmäßig...und das schlimmste
Copy-Paste-Verbrechen findet sich dann in der "Liebesgeschichte".
Natürlich
fühlen sich Helen und Lucas unendlich stark zueinander hingezogen,
können aber wie Bella und Edward nicht wirklich richtig zusammensein.
Die beiden Paare führen dazu fast identische Dialoge, mit Helen in der
"warum denn nicht, wir können es doch versuchen"-Rolle und Lucas mit dem
"nein, wenn wir uns auch nur küssen könnte ich mich nicht mehr
beherrschen"-Angsthasen-Gefasel.
So überrascht es nicht, dass Edward
und Bella ... äh ... Helen und Lucas brav das amerikansiche
Prüderie-Bedürfnis erfüllen und keusch bleiben - und weil natürlich
nicht wirklich die Gefahr besteht, dass Lucas Helen das Blut aussaugt
oder sie zermatscht, wird in "Göttlich" bei Sex zwischen den beiden
gleich mit dem Ausbruch eines die ganze Welt vernichtenden Krieges
gedroht. Ja, wenn Teenager Sex haben, geht die Welt unter...da sind
amerikanische Jugendbücher doch wirklich zuverlässig amüsant. Aber diese
hirnlosen Dialoge sind leider absolut nicht lesenswert, schon nicht im
"Twilight"-Original und erst recht nicht in der "Göttlich"-Kopie.
Man
könnte natürlich sagen, dass "Göttlich" als eigenständige Geschichte
dennoch eine Daseinsberechtigung neben "Twilight" hätte, wenn es
besonders herausragend gut geschrieben wäre: Aber das ist es nicht. Es
sollte zwar nicht schwer sein, Frau Meyers literarische Fähigkeiten zu
überbieten, aber auch in "Göttlich" haben sich weder Autorin noch
Übersetzerin einen Zacken aus der Krone gebrochen. Neben der irgendwie
holprig auf mich einfallenden Handlung holperte nämlich auch die Sprache
an vielen Stellen gleich mit.
Also, damit komme ich endlich zum
Fazit: "Göttlich" war am Anfang wirklich gut, wurde dann aber mit jeder
Seite schlechter und entpuppte sich als "Twilight"-Kopie samt
Keuschheitsgelübde. Der Handlungsverlauf ging oft Schlag-auf-Schlag ohne
Spannung oder besondere Highlight-Momente und die Sprache ist nicht
besonders gut. Muss man nicht lesen, besonders nicht, wenn man
"Twilight" schon kennt.
Die Göttlich-Trilogie (mit Links zu Amazon.de)
- "Göttlich verdammt" (Mai 2011, engl. Originaltitel: "Starcrossed")
- "Göttlich verloren" (Mai 2012, engl. Originaltitel: "Dreamless")
- "Göttlich verliebt" (März 2013, engl. Originaltitel: "Goddess")
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden
Seiten: 494
Verlag: Dressler
ISBN: 978-3791526256
Preis: € [D] 19.95